Hebammen aus Niedersachsen
Hebammenverband Niedersachsen e.V.

Hebammenausbildung im Wandel

Aktuelle Lage in Niedersachsen

Zur aktuellen Ausbildungssituation in Niedersachsen recherchierte Cordula Petersmeier und stellte ihre Ergebnisse auf der LDT im September 2021 vor. Dieser Vortrag, der die aktuelle und zukünftige Situation der Hebammenschulen, sowie den Stand des Studienganges in Niedersachsen darstellt, soll hier kurz zusammengefasst werden. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf dem praktischen Teil des Studiums, worüber im Anschluss diskutiert wurde.

Hebammenschulen

Die Standorte der zehn aktiven Hebammenschulen in Niedersachsen sind Hannover, Hildesheim, Braunschweig, Göttingen, Hameln, Osnabrück, Oldenburg, Salzgitter, Lingen und Rotenburg für die Anpassungslehrgänge.
Die Hebammenschulen weisen jeweils unterschiedliche Schüler*innenzahlen, Kursgrößen, unterschiedliche Intervalle, in denen Kurse starten (jährlich/ alle 1,5 Jahre/ alle 3 Jahre), sowie unterschiedliche Startdaten von Kursen (1.4/1.9/1.10 …) auf.
Die aktuelle Situation (Stand 10/21) an den Schulen kann wie folgt zusammengefasst werde: In Hannover, Hildesheim, Hameln und Göttingen starten keine Kurse mehr, diese Schulen sind rückbauend. In Braunschweig und Osnabrück sind zum 1.9. bzw.1.10.21 die Schulen noch mit einem Kurs gestartet. Lingen startet zum 1.9.2022 noch einmal einen Kurs. Noch keine endgültige Entscheidung getroffen haben Salzgitter und Oldenburg.

Studium

Für das Studium gibt es in Niedersachsen derzeit vier Standorte. Von diesen sind Oldenburg und Göttingen bereits im letzten Jahr gestartet. Osnabrück und Hannover haben zum 01.09 bzw. zum 01.10.21 ihre ersten Studierenden begrüßt. Vorgesehen sind an jedem Standort 35 Studienplätze, also insgesamt 140 Studienplätze in Niedersachsen. Der Studienbeginn ist immer zum Wintersemester (1.9./1.10.). Die aktuelle Situation stellt sich folgendermaßen in Zahlen dar: Hannover startete mit 28 Studierenden am 1.10.21, in Osnabrück sind 24 Studierende zum 1.9.21 gestartet. Göttingen hat sich im letzten Jahr mit 20 (derzeit noch 19) und in diesem Jahr mit 31 Studierenden auf den Weg gemacht. Oldenburg hat mit 20 (max. 21) Studierenden zum 1.10. begonnen. Somit bleiben in diesem Jahr bis zu 37 Studienplätze leider unbesetzt.### Problematiken

Momentane Schwierigkeiten im Anlauf können auf verschiedenen Ebenen ausgemacht werden. Zum einen ist durch das neue Studium die Ausbildungsdauer auf mindestens 3,5 Jahre verlängert. Es entsteht im ersten Durchgang ein Leerlauf, in dem keine neuen Hebammen auf den Arbeitsmarkt kommen. Der Gesetzgeber hat daher die Übergangsregelungen für die Ausbildung an Schulen beschlossen: Die Ausbildung an den Schulen kann bis 31.12.2022 begonnen werden und muss bis 31.12.2027 beendet werden. Wie jedoch oben geschildert, ist dies aufgrund der Unterschiedlichkeiten keine Sicherheit.

Die Schließung und temporäre Schließung weiterer geburtshilflicher Abteilungen ist nicht nur in Bezug auf das Studium ein großes Problem. Hier jedoch insbesondere deshalb, da Praxiseinrichtungen für die erforderlichen 2200 Praxisstunden des dualen Studiums fehlen.
Wofür es noch keine Zahlen gibt, ist die Abbruchquote. Ist diese in den vergangenen Jahren je nach Studienfach sehr unterschiedlich gewesen, lieget sie im Schnitt an Fachhochschulen jedoch bei 23 Prozent. Das ist das Ergebnis neuer Analysen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) auf Basis des Absolventenjahrgangs 2018.

Auch eine unbekannte Größe ist die Quote der sich weiterqualifizierenden Hebammen. Die altrechtlich ausgebildeten Hebammen sind vermutlich nicht alle an einem „nachträglichen Titelerwerb“ interessiert, jedoch muss bei den hierfür zu schaffenden Strukturen vermieden werden, die betroffenen Hebammen durch zeitintensive Qualifizierungsmaßnahmen vom Arbeitsmarkt zu ziehen.

Der mutmaßliche Hauptgrund dafür, dass die neuen Studiengänge noch nicht unter Volllast laufen, sind die fehlenden Praxispartner*innen und Kliniken. Dies liegt oftmals begründet in den Anforderungen an die vPE (verantwortliche Praxiseinrichtung). Dies sind bestimmte Kliniken, die Verträge mit den Hochschulen und gleichzeitig mit den Hebammen oder kleineren Kliniken haben, wo die Studierenden ihren Praxisteil leisten.

Anforderungen an die vPE (verantwortliche Praxiseinrichtung)

Die Gesamtverantwortung des Studiums unterliegt der jeweiligen Hochschule bzw. Universität, die für den praktischen Teil mit Kooperationskliniken Verträge schließen. Diese Kooperationskliniken sind für ihre angenommenen Studierenden für den gesamten praktischen Teil des Studiums verantwortlich und werden als vPE bezeichnet. Sie erstellen individuelle Praxispläne für Studierende unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anforderungen. Die vPE sind auch zuständig für Verträge und Budgetverhandlungen mit externen Praxispartner*innen (z.B. Pädiatrie, außerklinische Einsätze) und für die Überwachung dieser Einsätze. Die praktischen Einsätze enden jeweils mit einer Modulprüfung, welche teilweise in den Praxiseinrichtungen durchgeführt wird. Die Auswahl der Studierenden wird entweder durch die Kooperationsklinken selbst getroffen oder die Hochschule wählt diese nach bestimmten Kriterien aus und verteilt die zukünftigen Studierenden auf ihre Kooperationskliniken.

Praxisanleitung

Mit dem neuen HebG ist die Praxisanleitung gesetzlich verankert worden. Die praxisanleitende Hebamme begleitet den Lernprozess im Praxiseinsatz und ist währenddessen Ansprechpartnerin für die vPE und für die Hochschule. Der Anteil der Praxisanleitung wurde aktuell auf 15% festgelegt und steigt auf 25% bis 2030. Dies muss die vPE nachweisen. Das Hauptziel der Praxisanleitung ist die Qualitätssicherung.
Um Praxisanleiter*in sein zu können, gelten folgende Voraussetzungen: Es muss eine Weiterbildung mit 300 Stunden absolviert werden sowie jährlich 25 Fortbildungsstunden im pädagogischen Bereich. Wenn eine Ermächtigung bereits vorliegt und in der Vergangenheit Auszubildende angenommen wurden, können diese Hebammen direkt Kontakt mit den vPE aufnehmen. Für sie existiert ein „Bestandsschutz“.

Weitere Informationen für Niedersachsen: Wie werde ich Praxisanleiter*in?

Quellen:

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